Pilotprojekt Diemerswil

Fachkontakt

Marie Hertzog

Pedologie, Referenzböden und Qualitätssicherung

+41 31 848 51 90

Pilotprojekt Diemerswil

In der Gemeinde Diemerswil BE setzte das KOBO im Herbst 2021 ein Bodenkartierungs-Pilotprojekt um, wo auf rund 200 ha Landwirtschaftsböden eine Bodenkartierung mit Fokus auf die Optimierung einzelner neuer Methoden durchgeführt wurde. Neben den üblichen bodenkundlichen Arbeiten, kamen spektroskopische Analysenmethoden für Bodeneigenschaften in Feld und Labor, ein neuartiges Bohrfahrzeug und multiskalige Terrainanalysen sowie Daten der Fernerkundung zum Einsatz. Nach mehreren Monaten intensiver Feldarbeit, umfangreichen Messungen im Labor und den räumlichen Auswertungen liegt inzwischen eine vollständige Dokumentation der Projektergebnisse zur Verfügung.

Welche Grundlagenkarten wurden in Diemerswil erstellt?

Um Böden nachhaltig nutzen zu können, ist es wichtig, die Besonderheiten bzw. räumliche Verteilung ihrer Eigenschaften in ihrer Tiefe zu kennen. Für den Projektperimeter in Diemerswil wurden deshalb in einem ersten Schritt Grundlagenkarten zu folgenden Bodeneigenschaften und -kennwerten erstellt:

  • pflanzennutzbare Gründigkeit (pnG)
  • Bodentypen (siehe Karte unten)
  • pH-Wert
  • Sand-, Schluff- und Tongehalt
  • organischer Kohlenstoffgehalt
  • potentielle Kationenaustauschkapazität
  • Basensättigung
  • Raumgewicht
Die Kuppen und Hänge in Diemerswil werden von verbraunten, lehmigen Mineralböden eingenommen (Braunerden), während in den Senken grundwasserbeeinflusste Böden vorherrschen (Gleye). In den tiefsten Lagen hat sich innerhalb eines verlandeten Sees organische Substanz angesammelt (Halbmoor). Das Bodenmuster ist stark durch den Menschen beeinflusst, z.B. durch Bodenverlagerungen, Drainagen oder Auffüllungen.

Die Bodeneigenschaftskarten wurden flächendeckend für Tiefenstufen modelliert (5, 10, 15, 25, 45, 60, 75 cm), und wurden in weiterer Folge mit Landwirt:innen und Pedolog:innen im Feld plausibilisiert, und anschliessend den Nutzern zur Verfügung gestellt. Final werden alle Karten auch auf dem Geoportal des Kantons Bern aufgeschaltet.

Welche Anwenderkarten wurden in Diemerswil erstellt?

Entsprechend ihrer Eigenschaften erfüllen Böden vielfältige Funktionen für die Umwelt. So wurden basierend auf den Grundlagenkarten und weiteren Umwelt- und Geodaten auch Anwenderkarten erstellt, die Bezug nehmen zu spezifischen Fragestellungen verschiedener Nutzergruppen: beispielsweise «Wieviel pflanzenverfügbares Wasser können die Böden speichern?» oder «Wieviel Humus könnte potentiell langfristig im Boden anreichert werden?». Zu folgenden Bodenfunktionen wurden Anwenderkarten erstellt:

  • Nutzbare Feldkapazität
  • Gesättigte Wasserleitfähigkeit
  • Kohlenstoffvorrat im Oberboden
  • Kohlenstoffanreicherungspotenzial im Oberboden
  • Stickstoffnachlieferungspotenzial
  • Kalkung von Böden
Die Bodenstruktur, die Körnung und der Humusgehalt beeinflussen wie gut Wasser im Boden pflanzenverfügbar gespeichert werden kann (nutzbare Feldkapazität, nFK). Die nFK gibt an, wieviel pflanzenverfügbares Wasser die Böden maximal für Pflanzen speichern und liefern können. Dabei entspricht 1 mm einem Liter Wasser pro m2. Die vorwiegend tiefgründigen Böden in Diemerswil können für Pflanzen viel Wasser speichern, in der Regel mehr als 250 Liter pro m2 im obersten Meter. Zum Vergleich: Getreide benötigt an einem heissen Sommertag rund 6-9 Liter pro Tag und m2. Böden mit hoher nFK können somit für Pflanzen über Wochen hinweg Wasser nachliefern. In Trockenzeiten ein besonderer Vorteil.

Einbezug der Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter

Im Juli 2021 wurden alle betroffenen BewirtschafterInnen persönlich kontaktiert und über das Pilotprojekt informiert. Das Wissen und die Erfahrung der LandwirtInnen in Bezug auf ihren Boden ist für das Projekt von grosser Relevanz und hohem Wert. Deshalb sind auch persönliche Gespräche sehr wichtig. Zudem hat im September 2021 in Diemerswil eine Informations- und Austauschveranstaltung stattgefunden, in der über alle Details umfassend informiert wurde und offene Fragen geklärt werden konnten. Die ersten Ergebnisse wurden im September 2022 mit den BewirtschafterInnen besprochen und diskutiert. Im Oktober 2022 fanden im Feld Begehungen statt.

Feldarbeiten

Die landwirtschaftliche Fläche von Diemerswil ist durch perkolierte Böden wie Braunerden und Parabraunerden und in ehemals moorigen Standorten durch grundnasse Böden geprägt, wie beispielsweise Halbmoore und Buntgleye. Mancherorts findet man auch stauwassergeprägte Boden wie Braunerde-Pseudogleye und Pseudogleye. Die grosse Bandbreite an Böden bot eine optimale Umgebung, um neue Methoden und Techniken zu testen.

Die Profilstandorte wurden in einer Kombination aus datenwissenschaftlicher Analyse und bodenkundlicher Expertise ausgewählt. Es wurden unterschiedliche Sensoren mit einer jeweils unterschiedlichen Beprobungsdichte eingesetzt. Dazu wurde ein mehrstufiger Stichprobenplan entwickelt, der die passive Gamma-Spektroskopie, die Nahinfrarotspektroskopie (NIR Spektroskopie) und die Standorte für die bodenkundliche Ansprache umfasste.

Die Feldarbeiten starteten mit der Auswahl von 13 Profilstandorten, welche die bodenkundliche Vielfalt des Gemeindegebiets abdecken. Nach den Eichtagen wurde mit der Feldkampagne begonnen. Die rund 160 pedologischen Bohrungen erfolgten grösstenteils mit dem neuen Bohrfahrzeug des KOBO. Vor jeder Bohrung mit dem Bohrfahrzeug wurden die Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter einbezogen, so dass die Kulturschäden auf ein Minimum reduziert werden konnten.

Die Bodeninformationen wurden mit der Web-Applikation «Soildat» des KOBO direkt digital erfasst. Bei jeder Bohrung wurden zudem 3 Horizonte beprobt. Diese Proben werden nun im KOBO aufbereitet und nachfolgend im Labor die NIR/MIR-Spektren gemessen. Für einen Teil der Proben werden Referenzanalysen für die wichtigsten Bodeneigenschaften (pH, Körnung, organischer Kohlenstoff, Kationenaustauschkapazität) durchgeführt.

Die Gamma-Spektroskopie wurde mit einer Dichte von 4 Standorten je Hektar analysiert, was einer Gesamtzahl von rund 800 Standorten entspricht. NIR-Spektren wurden an knapp 400 Standorten in 2 Tiefen mit jeweils 3 Wiederholungen gemessen (2500 Einzelmessungen). Zur Messung wurde die Feinerde im Feld gesiebt und aufbereitet. Parallel zu den Gamma- und NIR-Messungen wurde die Bodenfeuchte mittels TDR gemessen, da diese einen Einfluss auf NIR-Messungen hat.

Ausblick und Dank

In diesem Projekt sammelte das KOBO erste wertvolle praktische Erfahrungen mit dem Einsatz der Feldsensorik, der Spektroskopie im Labor und mit dem Bohrfahrzeug. Die gewonnen Erfahrungen wurden direkt in die Planung des zweiten Pilotprojektes in der Gemeinde Lommis aufgenommen und werden so zu einer stetigen Verbesserung der Integration neuer Methoden in die Bodenkartierung führen. Wir bedanken uns an dieser Stelle recht herzlich bei den Bewirtschafterinnen und Bewirtschaftern in Diemerswil und dem Kanton Bern, welche das Projekt auf vielfältige Weise unterstützt haben.

Mehr Kartierprojekte

Verschiedene neue Methoden und Techniken ermöglichen es, Bodenkartierungen zukünftig effizienter durchführen zu können. Im Rahmen von Kartierprojekten wird das KOBO, in Zusammenarbeit mit Kantonen und Ingenieurbüros, neue Methoden praxistauglich umsetzen und auf diese Weise schrittweise die heutige Kartiermethode weiterentwickeln.