Der Boden erfüllt zahlreiche Funktionen aufgrund seiner physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften und der damit verbundenen Prozesse. Der Nutzen von verschiedenen Böden für Mensch und Umwelt ist oft nicht unmittelbar ersichtlich.
Mit der Bewertung von Bodenfunktionen werden die Multifunktionalität der Böden, ihre unterschiedlichen Qualitäten und Dienstleistungen sichtbar und es bietet sich eine Chance für die Kommunikation zwischen Bodenwissenschaften und anderen Fachdisziplinen.
In der Regel werden hauptsächlich folgende vier Bodenfunktionen berücksichtigt:
- Die Lebensraumfunktion
Der Boden dient Organismen als Lebensgrundlage und trägt zur Erhaltung der Vielfalt von Ökosystemen, Arten und deren genetischer Vielfalt bei. - Die Regulierungsfunktion
Der Boden reguliert Stoff- und Energiekreisläufe, filtert, puffert, speichert und wandelt Stoffe um. - Die Produktionsfunktion
Der Boden produziert Biomasse, d. h. Nahrungs- und Futtermittel sowie Holz und Fasern. - Die Archivfunktion
Der Boden bewahrt Informationen der Natur- und Kulturgeschichte.
Der Mensch nutzt die verschiedene Bodenfunktionen. Bodeneigenschaften haben einen direkten Einfluss auf Bodenfunktionen. Dabei können sie eine Funktion fördern und gleichzeitig andere Funktionen beeinträchtigen. Zum Beispiel sind undurchlässige Böden, welche zur Vernässung neigen, keine ertragsreichen Landwirtschaftsböden. Diese Böden können aber wertvolle Lebensräume sein.
Die Bewertung von Bodenfunktionen basiert auf gemessenen Bodendaten zu Eigenschaften und Prozessen im Boden. Die Bewertungsmethoden sollen eine qualitative und transparente Bewertung von Böden ermöglichen. Die Bodenqualität ergibt sich aus dem Zusammenspiel verschiedener Bodenfunktionen. Ein Ackerboden ist nur dann dauerhaft ertragreich, wenn seine Produktions-, Lebensraum- und Regulierungsfunktionen erhalten bleiben und zusammenwirken.
Die Verknüpfung von theoretischen Grundlagen und praktischer Anwendung bei Bodenfunktionen
International wurde eine Vielzahl von Bewertungsmethoden für Bodenfunktionen entwickelt. In einer umfangreichen Literaturrecherche wurden rund 200 Studien ausgewertet (siehe unten: Greiner et al. 2017). In der nachfolgenden Tabelle sind mögliche Kriterien zur Bewertung der Multifunktionalität von Böden dargestellt:



Im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms Boden (NFP68) wurden für ein Projektgebiet im Kanton Zürich von 2014–2017 zehn ausgewählte Bewertungsmethoden für Bodenfunktionen getestet und international publiziert (siehe unten: Greiner et al. 2018). Das KOBO stützt sich bei seinen Arbeiten auf diese Erfahrungen. Im Rahmen von Pilotprojekten zur Bodenkartierung erweitert und testet es Bewertungsmethoden für Bodenfunktionen, um auf diese Weise Erfahrungen aus der Praxis zu erweitern.
Dabei kommen statische Bewertungsmethoden zum Einsatz, die an Bodendaten aus Bodenkartierungen angepasst sind. So werden beispielsweise in allen KOBO-Pilotprojekten auch Karten für ausgewählte Bodenfunktionen als Themenkarten erstellt und laufend weiterentwickelt.
KOBO-Pilotprojekt in Lommis
Neben bodenkundlichen Grundlagekarten (z.B. mit Angaben zum Tongehalt) wurden in diesem Projekt auch verschiedene Themenkarten für Bodenfunktionen erstellt und die Bewertungsmethoden dokumentiert. Das sind zum Beispiel Karten zur:
- Regulierungsfunktion (z.B. Wasserspeicher- und Nährstoffspeichervermögen),
- Produktionsfunktion oder
- Lebensraumfunktion der Böden (z.B. Feucht- und Trockenstandorten für die ökologische Infrastruktur).
Beispiel für Produktions- und Wiedervernässungspotenzial in Witzwil (BE)
Im Grossen Moos im Seeland befindet sich die Gemeinde Witzwil. Die dort ansässige Justizvollzugsanstalt Witzwil bewirtschaftet landwirtschaftliche Flächen. In diesem Gebiet besteht ein Zielkonflikt zwischen verschiedenen Nutzungsinteressen. Auf der einen Seite sind die entwässerten organischen Böden produktiv für das Grosse Moos, das als Gemüsekammer der Schweiz gilt (Produktionsfunktion). Auf der anderen Seite eignen sich manche der drainierten organischen Böden zur Wiedervernässung, um so als wertvolle Flächen für die Biodiversitätsförderung und den Klimaschutz zu dienen (Lebensraumfunktion).
Um die Entscheidungsfindung und Planung für den Kanton zu unterstützen, wurde das Kompetenzzentrum Boden (KOBO) vom Kanton Bern angefragt, Indikatoren zur Abwägung zwischen dem Produktionspotenzial und dem Wiedervernässungspotenzial zu entwickeln. Die Ergebnisse finden Sie im Kurzbericht Indikatoren zur Abwägung zwischen Produktions- und Wiedervernässungspotenzial in Witzwil. Das KOBO hat den Bericht für das Amt für Landwirtschaft und Natur (LANAT) des Kantons Bern erstellt.